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bettlerEine Performance von Jack McNeils - zu Ehren Joseph Beuys

Zu einem Film von Günter Eisenhardt

 

Zur Erinnerung und Ehrung des zehnten Todestages von Joseph Beuys, den 23. Januar 1996, setzte sich der Aktionskünstler Jack McNeils vom 22. bis zum 24. Januar in der Hudson Street in New York in der Art eines archaischen Hirten mit einem langen Stab an den Straßenrand. Er erinnerte mit dieser Aktion an Beuys´ berühmte Kojoten-Performance "I like America and America likes Me" 1974 in der New Yorker Galerie von René Block. Joseph Beuys sagte zu seiner Aktion: "Ich habe ein Tier genommen, das für die amerikanische Psyche eine große Rolle spielt, den Kojoten. Er steht als Repräsentant für die unbewältigte Vergangenheit des Mordes an den Indianern und wird von den Amerikanern deswegen bis heute noch gehasst." Diese Aussage aufnehmend nannte Jack McNeils seine Aktion: "The Coyot is free, America hates the Coyot, it is the Coyot". Jack McNeils dazu: "Ich sehe in der amerikanischen Gesellschaft nur Kojoten. Alle, die an mir vorbei gehen, sind Kojoten. Alle Menschen sind Kojoten, sie streifen herum, immer auf der Suche nach Beute, nach Aß. Sie produzieren Aß und leben von Aß. Die Amerikanische Psyche ist in ihrem Hass auf den Kojoten zum selbigen geworden."

Die Kunstzeitschrift "Art one" schrieb am 26.4.96 zu der Performance von Jack McNeils: "Der ergreifendste Moment war, als sich die menschliche Skulptur, Jack McNeils, eine große Filzdecke reichen ließ, diese mit schon fast steif gefrorenen Händen über sich ausbreitete und von Zeit zu Zeit den gefallenen Schnee abschüttelte. In diesem Bild wurden die Sätze Joseph Beuys´ "Der Sinn der Aktion war, den Dialog des Menschen mit dem Naturreich wieder in Gang zu bringen." am eindrucksvollsten wiederholt, diesem Satz wurde mit dieser Aktion ein neues, hoch aktualisiertes Bild gegeben."

Die Zeitschrift "Art Of The World" schreibt am 12.5.96: "Die Sequenz, in der sich Jack McNeils aus dem Bild bewegt und seine erschütternden Spuren im Schnee zurücklässt und dann, bevor diese Spuren ausgelöscht, verschwunden sind, wieder auftaucht, um seinen Platz erneut einzunehmen, wird niemand vergessen, der je dieses Bild sah. Diese Performance gehört wahrscheinlich gerade durch ihr geringes Geschehen zu den eindrucksvollsten, die es seit langem gab."

In der Pariser Philosophie-Zeitschrift "Posthistoire est historique" steht im Sommer 1996: "The Coyot is free, America hates the Coyot, it is the Coyot" ist beeindruckend, allein schon dadurch, dass Jack McNeils still da sitzt und mit dem Stab immer widerkehrende Zeichen in den Schnee schreibt. Es sind Urmuster. Diese Zeichen nehmen die Anfänge der Höhlenmalereien auf und konfrontieren uns mit einen neuen Code. Sie stellen die Frage nach Runen, man möchte wissen, was sie mitzuteilen haben. Sie verschwinden aber, sobald sich dieser Gedanke einstellt, sie werden zugeschneit, verdeckt von dem, aus dem sie entstanden sind, vom flüchtigen Schnee. Diese Flüchtigkeit des Dialogs in der Öffentlichkeit, die dies nicht wahrnimmt, wie sie sich selbst nicht wahrnimmt, nicht wahrnehmen kann, schlägt ein neues Kapitel in der Diskussion um das Verständnis um den missverstandenen Diskurs auf."

Die gesamte Aktion "The Coyot is free, America hates the Coyot, it is the Coyot" wurde von G. Eisenhardt gefilmt und liegt in der Originalfassung als 62-stündiger Film in zwei Kopien vor. Uraufgeführt wurde dieser Film in vollerLänge am 12. Mai 1997, dem 76. Geburtstag Joseph Beuys´, an der Außenwand des Künstlerhauses PsI. Diese Aufführung machte das Haus so bekannt und populär, dass es 1999 vom Museum of Modern Art übernommen wurde.